Pressemeldungen

10.06.2004

Zypries-Kommission: Einfallstor für aktive Sterbehilfe?

Berlin. „Die Empfehlungen der Zypries-Kommission sind der erste Schritt auf dem Weg, der in aktiver Sterbehilfe endet“, sagt Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung. Heute hat die Kommission „Patientenautonomie am Lebensende“ der Justizministerin Brigitte Zypries ihren Abschlussbericht in Berlin vorgelegt. „Die Niederlande machen es vor: Erst kam die Duldung der terminalen Sedierung von Schwerstkranken, dann die der aktiven Sterbehilfe. Heute diskutieren die Ärzte und Juristen dort darüber, ob demente Menschen euthanasiert werden dürfen“, sagt Brysch. Die Kommission empfiehlt, die Rahmenbedingungen für passive Sterbehilfe gesetzlich auszuweiten und zu erleichtern. Eine explizit gesetzlich garantierte Straffreiheit der passiven Sterbehilfe macht es jedoch noch schwieriger zu überprüfen, ob Ärzte im Sinne der Patienten gehandelt haben oder nicht. Brysch: „Es wäre doch entsetzlich, wenn bald in Deutschland – wie es in den Niederlanden schon der Fall ist – Menschen getötet werden, ohne vorher gefragt worden zu sein.“ Ärztliche Maßnahmen, die bei Patienten, die nicht im Sterbeprozess sind, zum Tode führen, müssen richterlich überprüft werden. Das gilt zum Beispiel für Abbruch von künstlicher Ernährung bei Demenzkranken und Wachkomapatienten.

Keine neuen, sondern Umsetzung der bestehenden Gesetze

„Anstatt die völlig ausreichende Gesetzeslage zu ändern, sollte das Justizministerium endlich den Unterschied zwischen Töten und Begleiten klarstellen“, sagt Brysch. Studien zufolge weiß nicht einmal jeder zweite Arzt, worin sich erlaubte passive und verbotene aktive Sterbehilfe unterscheiden. „Dieses Chaos darf nicht dazu führen, dass Schwerstkranken und Sterbenden durch die Hintertür jede Möglichkeit genommen wird, den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Lebensqualität bis zuletzt wahrzunehmen.“

Die Deutsche Hospiz Stiftung fordert außerdem die Bundesregierung auf, sich für den Patientenschutz stark zu machen und endlich praxistaugliche Regelungen für die Gültigkeit von Patientenverfügungen zu schaffen. Der praktisch untaugliche Begriff der „mündlichen Patientenverfügung“ sei vehement zurückzuweisen. „Sieht die Zukunft in Deutschland so aus, dass man noch weniger über den eigenen Tod spricht: allein aus Angst, mündliche Aussagen könnten im Ernstfall falsch interpretiert werden?“ fragt Brysch.

Hintergrund

Die gemeinnützige und unabhängige Deutsche Hospiz Stiftung ist die Patientenschutzorganisation der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55 000 Mitgliedern und Förderern.