Pressemeldungen
25.07.2003
Umstrukturierung statt Kahlschlag - Forderungen der Schwerstkranken und Sterbenden an die Gesundheitspolitik
Dortmund / Düsseldorf. Die Deutsche Hospiz Stiftung hat heute in Düsseldorf ein umfassendes und tragfähiges Konzept zur Verbesserung der Situation Schwerstkranker und Sterbender vorgestellt. Diese können nicht an Verhandlungen und Kommissionssitzungen teilnehmen „was nicht dazu führen darf, dass über die Köpfe der Betroffenen entschieden wird“, sagt Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung mit Sitz in Dortmund. Dem deutschen Gesundheitssystem droht akut ein Kahlschlag durch Regierung und Opposition. Die zentralen strukturellen Fehler werden aber nicht behoben, um das System für die Patienten zukunftsfähig zu machen. Gelobt wird stattdessen eine großangekündigte Reform, die bereits in einem Jahr schon aufgrund der schnell kompensierten Kostendämpfungsaspekte überholt sein wird.
Palliative-Care-Versorgung bei erschreckenden 2,1%
Palliative-Care – die moderne und umfassende Schmerztherapie und Pflege mit Linderung quälender Begleiterscheinungen - muss zum festen Bestandteil der Regelversorgung werden. Die vorhandenen finanziellen Mittel sind ausreichend und so einzusetzen, dass jeder Patient die ihm angemessene Versorgung wählen kann. Die Nachfrage der Patienten nach qualifizierter ambulanter Palliative-Care-Versorgung muss endlich mit entsprechenden Angeboten befriedigt werden.
Studien zeigen, dass jeder zweite Mediziner nicht in der Lage ist, aktive, passive und indirekte Sterbehilfe zu unterscheiden. Eine gute Versorgung Sterbender im Sinne von palliativer Kultur erfordert daher die verstärkte und prüfungsrelevante Aus- und Weiterbildung aller relevanten Professionen. Aktuell gilt: Von 850 000 Menschen, die in Deutschland jährlich sterben, werden nur 2,1% durch Palliative-Care versorgt. Notwendig wären 40 %.
Für die Zukunft muss das Palliative-Care-Angebot für alle Patienten gelten, unabhängig von Diagnose, Alter und Aufenthaltsort. Qualifizierte Sterbebegleitung muss als Dienstleistung vertraglich festgelegt werden und nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ sind ambulante Hospiz- und Palliative-Care-Arbeit besser zu fördern.
Bessere Versorgung durch Dynamisierung
Intelligente und modellhafte Lösungsansätze scheitern oft an der Furcht vor vermeintlichen Mehrkosten. Dabei ist nicht mehr Geld für ein „schlechtes System nötig, das heute die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden ignoriert“, so Brysch, „sondern eine Umstrukturierung nach intelligenten Konzepten“, die sogar kostengünstiger ist und dabei dem Patienten am Lebensende autonome Entscheidungen ermöglicht. Die Deutsche Hospiz Stiftung fordert eine marktorientierte Öffnung des Gesundheitswesens, um durch finanzielle Anreize die nötigen strukturellen Veränderungen tatsächlich zu realisieren.
Persönliche Tagesbudgets in Höhe von 250 Euro würden den Schwerstkranken und Sterbenden eine selbstbestimmte Wahl der Leistungen ermöglichen. Zur Zeit kostet die Behandlung eines Sterbenden durchschnittlich 420 Euro pro Tag. Dabei hat der Kranke jedoch keine Möglichkeit, über seine Behandlung eigenverantwortlich mitzubestimmen. So wird oft Maximaltherapie aber nicht gute Sterbebegleitung finanziert. Eine vernetzende palliative Versorgung birgt erhebliches Dynamisierungspotential, denn das Betreuungsverhältnis ohne Palliative-Care-Teams beläuft sich auf 61% im Krankenhaus zu 39% zu Hause. Mit Palliative-Care-Teams verhält es sich genau umgekehrt. Die Deutsche Hospiz Stiftung verlangt eine bedürfnisorientierte und damit volkswirtschaftliche Ausrichtung des Gesundheitssystems um „die Fortschreibung einer planwirtschaftlichen Gesundheitspolitik zu verhindern“, so Brysch.
Hintergrund
Die gemeinnützige und unabhängige Deutsche Hospiz Stiftung ist die einzige Patientenschutzorganisation für Schwerstkranke und Sterbende. Sie finanziert sich aus den Beiträgen von etwa 55 000 Spendern und Mitgliedern. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen DZI hat der Stiftung sein Spendensiegel verliehen, das Markenzeichen seriöser spendensammelnder Organisationen.