Pressemeldungen
08.05.2014
Organisierte Suizidbeihilfe: Patientenschützer greifen mit eigenem Gesetzentwurf in politische Debatte ein
Berlin. Mit einem konkreten Gesetzesvorschlag zur Strafbarkeit der organisierten Selbsttötung greifen die Patientenschützer in die politische Diskussion ein. Damit wollen der Verfassungsrechtler Steffen Augsberg und der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, Entscheidungshilfe für die ethische Debatte im Deutschen Bundestags liefern.
Mit einen neuen Paragraph 217 Strafgesetzbuch soll das organisierte Betreiben von Suizidbeihilfe durch Einzelpersonen oder Gruppen verboten werden.
Der Entwurf stellt allein auf die Geschäftsmäßigkeit der Suizidbeihilfe ab, also auf die Absicht, solche Angebote wiederholt zu betreiben. Dabei spiele es keine Rolle, ob Geld fließt oder nicht. „Auch ohne Einnahmen entstehen durch Selbsttötungsangebote Gewöhnungseffekte und Erwartungsdruck“. Brysch weiter: „Die Suizidbeihilfe ist keine normale Dienstleistung und darf es auch nicht werden. Sonst wird sich jeder Einzelne vielleicht eines Tages die Frage gefallen lassen müssen, warum er solche Angebote nicht nutzt, wenn er selbst angeblich zu nichts mehr nütze sei.“ Allein die gewerbsmäßige Suizidbeihilfe zu verbieten, reicht den Autoren nicht. Nicht gewerblich handelnde Suizidhelfer würden sich dadurch sogar legitimiert fühlen.
Der Gesetzentwurf stellt auch klar, dass die Assistenz beim Suizid nicht mit der Tätigkeit des Palliativmediziners, der einem Patienten beim Sterben hilft, vergleichbar ist. Brysch: „Es geht um den elementaren Unterschied zwischen Begleiten oder Hilfe zur Tötung.“
Der Entwurf berücksichtigt auch die Suizidentscheidung des Einzelnen, die es zu respektieren gelte. Straffrei bleibe daher nach wie vor die Hilfe dazu. Auch die Teilnahme am geschäftsmäßigen Handeln Dritter bleibe straffrei, sofern es Angehörige und nahe stehende Personen betrifft. Für Pflegekräfte und Ärzte gilt das im normalen Behandlungsverhältnis nicht, heißt es in dem Gesetzentwurf weiter.
Auch grenzt sich der Vorschlag von Tendenzen ab, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Die reine Werbung für ein Suizidangebot sowie das Schaffen von Kommunikations- und Informationsforen sollen nicht verboten werden. „All das ist mit dem hohen Gut der freien Meinungsäußerung unvereinbar“, so Brysch, „vielmehr bedarf es einer breiten gesellschaftlichen Diskussion.“
Verfassungsrechtler Augsberg und Patientenschützer Brysch richten sich mit ihrem Vorschlag direkt an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Aus verfassungsrechtlicher Sicht und den praktischen Erfahrungen der Patientenschützer werben beide Verfasser für eine notwendige Strafrechtsregelung mit Augenmaß.
Hintergrund
Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.