Pressemeldungen

26.02.2002

Neue Kassen-Richtlinie zwingt Arzt zur Patienten-Tötung - Deutsche Hospiz Stiftung kritisiert: Sterbende sollen verhungern

Dortmund. Nach einem nicht-öffentlichen Entwurf für die Änderung der Arzneimittel-Richtlinien, dürfen Ärzte zukünftig künstliche Ernährung bei Schwerstkranken und Sterbenden erst bei "klinischen Zeichen der Mangelernährung" verordnen. Darüber will heute (26.2.) der Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen entscheiden. Die Deutsche Hospiz Stiftung, Patientenschutzorganisation aus Dortmund, verweist auf eine Studie der Berliner Charité. Danach sinkt durch Mangelernährung die Überlebenschance von 38% auf 9%. "Die Kassen nehmen den Patiententod in Kauf," kritisiert Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung.

Wenn die Kosten für eine Sondenernährung wie geplant erst bei starker Unterernährung erstattet werden, bringt dies auch den behandelnden Arzt in schwerwiegende Konflikte. Wider besseres Wissen und gegen die Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin muss er auf die Maßnahme verzichten. Die Vorschrift verstößt auch gegen die Bundesärztekammer-Grundsätze zur Sterbebegleitung, nach denen künstliche Ernährung zur Basisversorgung gehört. "Die neue Richtlinie zwingt den Arzt zur Patienten-Tötung - vielleicht ist das ja gewollt," sieht Brysch eine "Sterbehilfe durch die Hintertür."

Sterbehilfe durch die Hintertür

Schon seit Jahren hegt die Deutsche Hospiz Stiftung den Verdacht, dass die Diskussion über aktive Sterbehilfe wegen des Kostendrucks im Gesundheitswesen immer wieder angeheizt wird. Solange die offizielle Legalisierung nicht gelingt, versucht man die Tötung sterbenskranker Patienten durch die Aufweichung bestehender Regelungen möglich zu machen. Zynische Schlussfolgerung: Wenn ein 1,80 Meter großer Patient erst bei Abmagerung auf 58 Kilo künstlich ernährt wird, könne man ihm auch gleich die Giftspritze geben.

Die Alternative muss aber eine andere sein: Die Schwerstkranken und Sterbenden sind das schwächste Glied im Gesundheitswesen. Ihre Bedürfnisse müssen im Mittelpunkt stehen, damit die letzte Lebensphase menschenwürdig und ohne Qualen gestaltet werden kann. "Bisher haben wir für Schmerztherapie und psychosoziale Begleitung gekämpft. Es ist traurig, dass jetzt schon die Ernährung nicht mehr selbstverständlich ist," klagt Brysch über einen schleichenden Wertewandel.