Pressemeldungen

19.06.2007

Deutsche Hospiz Stiftung zum Entwurf Stünker: Nachbesserungsbedarf bei mutmaßlichem Willen, Beratung und Rolle des Arztes

Jetzt handeln - Entwürfe noch vor der Sommerpause in den Bundestag einbringen

Berlin. „Allein der Verzicht auf eine verfassungsrechtlich bedenkliche Reichweitenbeschränkung gewährleistet nicht, dass Patientenautonomie und Patientenschutz sinnvoll miteinander in Einklang gebracht werden“, erklärt der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. Der am Dienstag in Berlin veröffentliche Entwurf für ein Patientenverfügungsgesetz der Abgeordneten Joachim Stünker (SPD), Michael Kauch (FDP), Lukrezia Jochimsen (Die Linke) und Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen) bedarf nach Ansicht der Patientenschutzorganisation der Schwerstkranken und Sterbenden in zentralen Aspekten der Nachbesserung. Gerade die Frage nach Aufklärung und Beratung regelt der Entwurf der Gruppe um Stünker nicht. „Ein künftiges Patientenverfügungsgesetz wird sich allerdings daran messen lassen müssen, wie es sicherstellt, dass eine Patientenverfügung tatsächlich Ausdruck der informierten Entscheidung des Betroffenen ist“, gibt Brysch zu Bedenken.

In der Frage der Ermittlung des mutmaßlichen Willens stellt dieser interfraktionelle Entwurf einen Schritt nach vorne dar: Beispielhaft zählt er auf, welche Äußerungen und Auffassungen relevant sind und bei wem entsprechende Informationen zur Ermittlung des mutmaßlichen Willens zu erheben sind. Dabei ist zu kritisieren, dass allein der Betreuer, bzw. Bevollmächtigte mit der Ermittlung des mutmaßlichen Willens betraut ist. Faktisch würde das bedeuten, dass beim Fehlen eines Betreuers, bzw. Bevollmächtigten immer ein Betreuungsverfahren eingeleitet werden muss, bevor entschieden werden kann. Das ist in vielen Fällen nicht alltagstauglich. Zudem stellt sich die Frage, warum der Entwurf den Arzt unberücksichtigt lässt. Denn in der Praxis kommt ihm bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens eine besondere Rolle zu. Der Arzt ist nicht nur Vertragspartner des Patienten, sondern er hat mehr Möglichkeiten den mutmaßlichen Willen zu ermitteln als der Betreuer allein. Ebenso könnte eine Berücksichtigung des Arztes eine Antwort darauf geben, was geschieht, wenn kein Betreuer existiert.

Jetzt ist es also an der Zeit, zu handeln und in den zentralen Fragen der Beratung und des mutmaßlichen Willens für Klarheit zu sorgen. Im Sinne der Schwerstkranken und Sterbenden ist der Gesetzgeber aufgefordert, eine Lösung zu finden „Die Entwürfe müssen noch vor der in zwei Wochen beginnenden Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden – sonst wird es weder in diesem Jahr noch im kommenden ein Patientenverfügungsgesetz geben“, mahnt Brysch.

Die Stellungnahmen der Deutschen Hospiz Stiftung zu den Entwürfen für ein Patientenverfügungsgesetz sind unter folgenden Links abrufbar:

Zum Entwurf Stünker/Kauch/Jochimsen/Montag:
http://www.hospize.de/docs/stellungnahmen/38.pdf

Zum Entwurf Zöller / Faust:
http://www.hospize.de/docs/stellungnahmen/37.pdf

Zum Entwurf Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke:
http://www.hospize.de/docs/stellungnahme_bosbach.pdf

Hintergrund

Die gemeinnützige und unabhängige Deutsche Hospiz Stiftung ist die Patientenschutzorganisation der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55.000 Mitgliedern und Förderern. Schirmherrin der Stiftung ist die Schauspielerin Uschi Glas.