Pressemeldungen
29.03.2007
Deutsche Hospiz Stiftung: Patientenverfügungen praxistauglich regeln - Plenardebatte ist erst der Anfang
Staatliche Fürsorgepflicht darf nicht gegen Autonomie ausgespielt werden
Berlin. „Die heutige Plenardebatte zum Thema Patientenverfügungen hat gezeigt, dass es noch ein weiter Weg bis zu einer praxistauglichen gesetzlichen Regelung von Patientenverfügungen ist“, erklärt der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber endlich die dringend nötige Rechtssicherheit auf einem Gebiet schaffen will, das viele Menschen bewegt. Die derzeit kursierenden Entwürfe und Anträge lassen aber noch viele Fragen offen. „Keinem der vorliegenden Entwürfe gelingt es bisher, Patientenautonomie und staatliche Fürsorgepflicht für das Leben in überzeugender Weise in Einklang zu bringen“, kritisiert Brysch.
Ein künftiges Patientenverfügungsgesetz muss vor allem im Hinblick auf die Ermittlung des mutmaßlichen Willens Klarheit schaffen. Schließlich wird bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Entscheidungen über einen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen keine oder keine praxistaugliche Patientenverfügung vorliegen. Die Deutsche Hospiz Stiftung hat daher in ihrem im Juni 2005 veröffentlichten Entwurf für ein Patientenverfügungsgesetz detaillierte Kriterien formuliert, welche Äußerungen des Betroffenen konkret für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens relevant sind und bei wem sie zu erheben sind. „Wir brauchen hier klare Maßstäbe, damit der mutmaßliche Wille nicht zum Einfallstor für Fremdbestimmung am Lebensende wird“, mahnt Brysch.
Eine Beschränkung der Reichweite von Patientenverfügungen auf bestimmte Krankheitszustände lehnt die Deutsche Hospiz Stiftung ab. „Derartige Reichweitenbeschränkungen sind verfassungsrechtlich bedenklich, medizinisch kaum fassbar und für die Praxis untauglich“ betont Brysch. Selbstbestimmung und staatliche Fürsorgepflicht für das Leben können auf eine andere Art und Weise besser in Einklang gebracht werden als durch eine Reichweitenbeschränkung: Angesichts der erheblichen Folgen eines vorab verfügten Behandlungsverzichts sollte der Gesetzgeber besser die regelmäßige Aktualisierung und eine Beratung durch fachkundige Personen als Voraussetzungen für unmittelbar verbindliche Patientenverfügungen festschreiben. Erst die fachkundige Beratung bringt Licht ins Dunkel. Sie schafft die Voraussetzung für eine selbstbestimmte Entscheidung. Nach Aufklärung verfassen die Menschen konkrete und differenzierte Patientenverfügungen, die sehr oft nicht den frühestmöglichen Behandlungsabbruch verlangen. Ein Beratungserfordernis führt damit zu einem effektiveren Schutz vor Missbrauch und Irrtum als dies jede Reichweitenbeschränkung könnte und bringt zugleich eine Stärkung des Patientenwillens.
Hintergrund
Die gemeinnützige und unabhängige Deutsche Hospiz Stiftung ist die Patientenschutzorganisation der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55.000 Mitgliedern und Förderern. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen DZI hat der Stiftung sein Spendensiegel verliehen, das Markenzeichen seriöser Spenden sammelnder Organisationen. Schirmherrin der Stiftung ist die Schauspielerin Uschi Glas.