Pressemeldungen

05.11.2004

Bundesjustizministerium schummelt sich an den Qualitätskriterien von Patientenverfügungen vorbei

Berlin. „Der Gesetzesentwurf fördert den Wildwuchs an Entscheidungen, denen schwerstkranke Menschen bereits heute ausgesetzt sind. Allein durch unüberprüfbare Zeugenaussagen über das Leben oder den Tod eines Menschen zu bestimmen, ist grob fahrlässig“, sagt Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung. Heute hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ihren Gesetzesentwurf zur Änderung des Betreuungsrechts vorgestellt. So ist unter anderem die Schriftlichkeit von Patientenverfügungen nicht erforderlich: Demnach gelten auch mündliche Äußerungen als verbindliche Patientenverfügungen. „Bereits vorliegende Gerichtsentscheidungen, die von Frau Zypries ignoriert werden, zeigen: Wenn mündliche Bemerkungen des Patienten von Dritten an den Arzt übermittelt werden, passieren gefährliche Irrtümer. Solche Erklärungen bergen die enorme Gefahr, falsch verstanden oder falsch wiedergegeben zu werden.“ Die Deutsche Hospiz Stiftung fordert als Qualitätsmerkmal für Patientenverfügungen, dass sie schriftlich verfasst sind. Ebenso müssen sie individuell aussagekräftig sein. Das heißt, sie müssen dokumentieren, wie gut ein Patient über die Chancen und Risiken von medizinischen Behandlungsmaßnahmen aufgeklärt worden ist.

Fremdbestimmung statt Patientenwille?

Laut dem Gesetzesentwurf gelten Patientenverfügungen auch für Krankheiten, in denen sich der Patient nicht im Sterbeprozess befindet. „Patientenverfügungen dürfen aber nur dann uneingeschränkt verbindlich sein, wenn sie zeigen, dass sich der Patient wirklich mit der Situation einer schweren Erkrankung auseinandergesetzt hat“, so Brysch. Äußerst bedenklich sei zudem, dass im Ernstfall gänzlich auf den Rat einer Ethik-Kommission verzichtet werde. Eine solche Kommission muss aus den behandelnden Ärzten, Pflegern, aus Psychologen und Seelsorgern bestehen. „Frau Zypries wählt den Weg des geringsten Widerstandes: Sie muss sich dem Vorwurf aussetzen, den Verfassungsschutz vor Willkür und Kostendruck aufzuweichen. Das hat nichts mit Selbstbestimmung zu tun, sondern grenzt an Fremdbestimmung – insbesondere dann, wenn sie den Wildwuchs bei der Auslegung des so genannten mutmaßlichen Willens zulässt.“

Hintergrund

Die gemeinnützige und unabhängige Deutsche Hospiz Stiftung ist die Patientenschutzorganisation der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55 000 Mitgliedern und Förderern. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen DZI hat der Stiftung sein Spendensiegel verliehen, das Markenzeichen seriöser Spenden sammelnder Organisationen.