Pressemeldungen
13.01.2015
20 Jahre Pflegeversicherung: Demenzkranke, Sterbende, Frauen und Kommunen sind die Verlierer
Berlin. "20 Jahre Pflegeversicherung sind einen Festakt wert. Doch von warmen Worten haben Demenzkranke und Sterbende wenig", bilanziert der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Die fünfte Säule des deutschen Sozialsystems sei eine schwache Stütze. Mit ihrer Konstruktion habe die Politik einen Schritt in die richtige Richtung getan, so die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Doch nach zwei Jahrzehnten ruft selbst der Pflegebeauftragte Laumann nach einer Wende. Das System überfordere viele Pflegebedürftige finanziell oder grenze Bedürftige aus. Leidtragende seien vor allem die Frauen. "Wären die Männer mehrheitlich betroffen, hätte die Politik den Reformstau längst aufgelöst", so Brysch.
Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen seien Frauen, gut 85 Prozent der Altenpflegekräfte seien ebenfalls weiblich. "Den Betroffenen mutet man schlechte Pflege zu, den Beschäftigten schlechte Arbeitsbedingungen und miese Bezahlung", so Brysch. "Auch zu Hause pflegen meist die Frauen. Sie gehören ebenfalls zu den Verlierern."
Das Teilkasko-Prinzip bezeichnet die Deutsche Stiftung Patientenschutz als großen Geburtsfehler der Pflegeversicherung. Damals strickte die christlich-liberale Koalition das Gesetz mit heißer Nadel, um Sozialminister Blüm bei der Stange zu halten. Das Grundproblem bleibt: die meisten Menschen könnten die finanzielle Last der Pflege nicht schultern. "Pflege macht arm", sagt Brysch. Auch werde die Pflegeversicherung den Demenzkranken nicht gerecht. Daran ändere sich auch 2015 nicht viel. Zudem würden nur 16 Prozent der Sterbenden adäquat hospizlich-palliativ versorgt.
Nach 20 Jahren müsse auch daran erinnert werden, dass die Pflegeversicherung den Kommunen die Einflussmöglichkeiten vor Ort genommen habe. Es sei ein Trauerspiel, dass die Städte und Gemeinden kein Werkzeug zur Steuerung kommunaler Altenpolitik mehr haben. Deshalb fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz - analog zur gesetzlichen Jugendhilfe - Ämter für Senioren. "Wir brauchen hier diegleiche Fürsorge wie für Kinder und Jugendliche."
Hintergrund
Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.