Pressemeldungen

21.12.1998

135.000 Deutsche votieren gegen aktive Sterbehilfe - Hospizarbeit immer bekannter ­ aber viele Hospizdienste in Not

Immer größere Verbreitung und Unterstützung findet die Hospizidee in Deutschland. Bereits jeder Vierte kann nach einer EMNID-Langzeitstudie der Deutschen Hospiz Stiftung mittlerweile mit dem Begriff "Hospiz" etwas anfangen. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren war es gerade jeder Elfte. Und insgesamt 135.000 Menschen beteiligten sich in diesem Jahr an der bundesweiten Solidaritätsaktion der Deutschen Hospiz Stiftung "Menschliche Zuwendung statt aktiver Sterbehilfe", darunter auch zahlreiche namhafte Vertreter aus Politik(wie der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck), Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Bilanz zog die Deutsche Hospiz Stiftung am Montag in Bingen. Dort wies die Deutsche Hospiz Stiftung allerdings auch auf die große Not vieler Hospizdienste hin. Denn insbesondere die häusliche Begleitung der Sterbenden erfährt trotz ihrer Wichtigkeit keine öffentliche Förderung und ist dringend auf Spenden angewiesen. Deshalb stellt die Stiftung noch in diesem Jahr erneut eine kurzfristige Soforthilfe von 190.000 Mark für die praktische Hospizarbeit vor Ort zur Verfügung. Der Hospizdienst Bingen wird dabei mit 44.000 Mark unterstützt. Das Gesamt-Fördervolumen der Stiftung beträgt somit in diesem Jahr knapp 400.000 Mark.

Meilensteine in der Hospizarbeit: Immer mehr Hospizdienste und 1. Lehrstuhl

Für die Hospizarbeit wurden im Jahr 1998 viele Meilensteine gesetzt. So stieg die Zahl der Hospizdienste erneut deutlich an: Stationäre Hospize gibt es heute 50 (1996: 29), ambulante Hospizdienste 507 (1996: 264) und Palliativstationen 37 (1996: 24). In Rheinland-Pfalz gibt es derzeit ein stationäres Hospiz (1996: 1), drei Palliativstationen (1996: 3) und 24 ambulante Hospizdienste (1996: 15). Durch intensive Aufklärungsarbeit konnte in diesem Jahr eine Forderung der Deutschen Hospiz Stiftung umgesetzt werden: die Gründung des ersten Deutschen Lehrstuhls für Schmerzmedizin (Palliativmedizin). Durch diese neue wissenschaftliche Institution soll die Aus- und Fortbildung der Ärzte verbessert werden. Denn gut geschulte Ärzte bedeuten für schwerstkranke und sterbende Menschen konkrete Hilfe und Lebensqualität. Damit findet die Not eine Antwort, denn jedes Jahr sterben in Deutschland 850.000 Menschen. Es gibt sechs Millionen chronisch Schmerzkranke. 220.000 Deutsche sind an Krebs erkrankt, darunter 150.000, die an schwersten Schmerzen leiden. Zur Gründung dieser bislang bundesweit einzigartigen Einrichtung wurden zehn Millionen Mark zur Verfügung gestellt.

Bundesweite Hotline bietet Hilfe bei Schmerzen und in der letzten Lebensphase

Konkrete und schnelle Hilfe für alle Menschen bietet das bundesweit einzigartige Schmerz- und Hospiztelefon der Deutschen Hospiz Stiftung. Über diese Informationsbörse können Adressen von über 900 Schmerztherapeuten und 600 Hospizdiensten erfragt und Fragen zu diesen Themenbereichen gestellt werden. Hier kann ebenso die Medizinische Patientenanwaltschaft, die die Selbstbestimmung in medizinischen Behandlungsfragen bis zuletzt sichert, bestellt werden.

Forderungskatalog für menschenwürdige Sterbebegleitung vorgestellt

Die Deutsche Hospiz Stiftung legte in Bingen einen Forderungskatalog vor, um eine Verbesserung der Situation schwerstkranker und sterbender Menschen zu erreichen:

- Ambulante Hospizarbeit braucht gute Rahmenbedingungen. Denn lässt man NRW außen vor, so beläuft sich die Förderung durch die Bundesländer für die ambulante Hospizarbeit deutschlandweit auf noch nicht einmal 100.000 DM.

- Die Hospizidee muss in der Aus- und Weiterbildung der pflegerischen, therapeutischen und seelsorgerischen Berufe verankert werden, damit sie in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens wirksam wird.

- Die palliativmedizinische Fortbildung der Ärzte muss verbessert werden, denn bei den meisten Patienten ist eine wirksame Hilfe durch Schmerzlinderung und Symptomkontrolle möglich.

- Die Palliativmedizin muss in die verpflichtenden Studien- und Prüfungsordnungen der medizinischen Fakultäten aufgenommen werden.

- Es müssen palliativmedizinische Zentren an den Universitätskrankenhäusern und Lehrkrankenhäusern sowie palliativmedizinische Lehrstühle eingerichtet werden.

Die Deutsche Hospiz Stiftung fordert die Bundesländer, Kreise und Kommunen auf, diese Mängel zu beseitigen.